Provinz Ontario

Die Provinz Ontario ist nach Québec die zweitgrößte Provinz Kanadas. Mit 1,07 Mio. km² ist Ontario größer als Spanien und Frankreich zusammen. Es leben dort 13,6 Mio. Einwohner und sie ist die bevölkerungsreichste und die finanzstärkste Provinz des Landes. 80 % der Bevölkerung Ontarios wohnen im Süden der Provinz, die meisten davon im Dreieck zwischen Lake Ontario, Lake Erie und Lake Huron. Ontario hat rund 250.000 Seen und 60.000 Flüsse.

Nach Montreal fahren wir in Richtung Ottawa und sehen uns auf der Strecke das Chateau Montebello an. In dem riesigen Blockhaus-Hotel fand vor Jahren der G7 Weltwirtschaftsgipfel statt. Das Hotel liegt eingebettet in einem schönen Wander- und Spazierweg.

Ottawa

Danach fahren wir weiter bis wir Ottawa, die Bundeshauptstadt von Kanada, erreichen. Die Kanadier waren damals schockiert, als Queen Victoria 1857 ausgerechnet Ottawa zur Hauptstadt der damals aus Upper (Ontario) und Lower Canada (Québec) bestehenden Provinz Kanada ernannte. Victoria kenne Ottawa anscheinend nur von Ansichtskarten, giftete die kanadische Presse damals. Dass Victoria weise gewählt hatte zeigte sich jedoch schon wenig später. Denn Ottawa lag nicht nur außerhalb der Reichweite amerikanischer Artillerie, sondern auch, heute wichtiger denn je, genau auf der Grenze zwischen den so oft einander eifersüchtig beäugenden Rivalen Englisch- und Französisch-Kanada.

Heute zählt Ottawa 885.000 Einwohner und ist Mittelpunkt einer Metropolitan Area, in der 1,4 Mio. Menschen leben und zu der auch die Schwesterstadt Gatineau auf dem bereits zu Québec gehörenden gegenüberliegenden Ufer des Ottawa River gehört. Es ist die Hauptstadt des zweitgrößten und dezentralsten Landes der Erde.

Das Parken gestaltet sich etwas schwierig und wir beschließen außerhalb zu parken und die Stadt mit unseren Fahrrädern zu erkunden.

Wir starten am Mittelpunkt Ottawas und das ist der Confederation Square. In seinem Zentrum gedenkt das aus einem mächtigen Bogen wachsende National War Memorial der Kriegstoten Kanadas.

Dann geht’s zum Parliament Hill, hoch über dem Ottawa River. Dort stehen die Regierungsgebäude und bestimmen die Silhouette der Stadt. 1860 legte der englische Kronprinz Edward den Grundstein für die drei im neogotischen Stil errichteten Gebäude. Mit ihren Türmen und grünspanbedeckten Kupferdächern erinnern sie an Westminster und Buckingham Palace. Das dritte Gebäude ist gerade komplett renovierungsbedingt eingerüstet.

Wir fahren weiter zum Rideau Canal, dort thront majestätisch das Châuteau Laurier Hotel, quasi die kanadische Version eines Loire-Schlösschens. Das 1912 von Canadian Pacific Railways eröffnete Hotel ist bis heute Ottawas vornehmstes Hotel und Quartier für Staatsgäste und Königshäupter. Es stammt noch aus der Zeit, als die Eisenbahngesellschaften solch grandiose Hotels für ihr Image bauten.

Von der Terrasse des Châuteau Laurier hat man einen schönen Blick auf die Schleusen und Staustufen des Rideau Canal, der hier in den Ottawa River mündet. Wie vor 100 Jahre werden die alten Schleusen, die Ottawa Locks, noch immer mit der Hand bedient. Insgesamt werden 25 m Höhenunterschied überwunden.

Danach sind wir die Sparks Street Mall entlang geschoben, Kanadas älteste Fußgängerzone. Neben kühl schimmernden Bankpalästen findet man hier vor allem schicke Modegeschäfte.

Als nächstes fahren wir stadtauswärts, entlang des Ottawa River-Südufers. Am Sussex Drive besuchen wir die grandiose Notre Dame Basilica.

Dann fahren wir in Richtung Nordufer des Ottawa River, nach Gatineau. Das Gatineau-Ufer wird vom architektonischen Meisterwerk “Canadian Museum of History” dominiert. Da es bereits etwas dämmrig wird beschließen wir zu unserem Camper zurückzufahren und beenden die Sightseeing Tour.

Algonquin Provincial Park

Als Kontrastprogramm zur Stadt fahren weiter zum Algonquin Provincial Park. Der Park ist der älteste Park Ontarios und mit 7.653 km² größer als die kleinste kanadische Provinz Prince Edward Island. Er umfasst riesige Wälder, Hunderte von Seen sowie unzählige Flüsse und Bäche in einer meist hügeligen, felsigen Landschaft. Aufgrund seiner Kanurouten (über 2.000 km) die sich größtenteils auch für ungeübte eignen, besuchen wir den Park.

Das Glück ist auf unserer Seite und wir bekommen noch einen Platz auf einem Campground. Es sind die letzten zwei Ferienwochen und die Campgrounds sind immer noch gut ausgebucht. Wir leihen uns bei einem Outfitter ein 2er-Kanu mit Stechpaddeln aus und paddeln zwei Tage um den Canisbay Lake. 

Dabei können wir einen Loon beim Tauchen beobachten. Ein Loon ist ein Wildenten ähnlicher Riesentaucher (70 – 100 cm).  Ein Kranich versucht ebenfalls einen Fisch zu fangen. Das Kanuwandern macht sehr viel Spaß und nach zwei Tagen klappt es dann auch schon sehr gut – auch bei etwas stärkerem Wind. Wie in Kanada üblich darf abends auch das Lagerfeuer nicht fehlen.

Toronto

Nach dem ausgiebigen Paddeln steht die nächste Stadtbesichtigung an. Wir verlassen den Algonquin Park und fahren nach Toronto. Zeitlich gesehen, war das keine gute Idee. Wir kamen Freitagabend in Toronto an und bekommen keinen Platz auf den drei stadtnahen Campgrounds. Aber dafür ist bereits die Rush-Hour vorbei und wir bekommen einen ersten Eindruck bei Nacht von der Riesenstadt und deren Skycraper.

Das heißt wir fahren wieder aus Toronto heraus, reservieren aber für die nächsten Tage einen Stellplatz ca. 20 km vor Toronto. Von dort aus nehmen wir einen Bus und dann von der Station Rouge Hill den Zug in Richtung Toronto Downtown.

Ontarios Hauptstadt ist die größte kanadische Stadt mit 2,8 Mio. Einwohnern, mit Einzugsgebiet Metro sind es 6,1 Mio. Aus der Skyline ragen die sieben höchsten Skycraper Canadas empor. Die heimische Wirtschaft boomt nicht zuletzt dank eines kontinuierlichen Einwandererstroms. Über 50 % der Einwohner sind Immigranten aus über 200 Kulturkreisen, darunter ca. 400.000 Muslime. In den Familien überwiegt nicht mehr Englisch als meist gesprochene Sprache. Notrufe können sogar in 150 Sprachen beantwortet werden. Während früher überwiegend Europäer nach Toronto kamen, zogen – nach Lockerung der Immigrations-Bestimmungen – vor allem Asiaten und Karibik-Bewohner nach. Die Region Toronto ist heute der am dichtesten besiedelte Ballungsraum des Landes.

An der Union Station (Hauptbahnhof) angekommen beginnen wir unseren Stadtbummel. Der altehrwürdige Bahnhof mit den 15 m hohen Säulenportal wurde 1927 vom Prince of Wales eröffnet.

Gleich gegenüber ist das schlossähnliche Fairmont Royal York Hotel. 1929 wurde es von der Canadian Pacific Railways eröffnet, war das 28 Stockwerke hohe 1.000 Zimmer-Luxushotel einst das größte Gebäude des Commonwealth. Die größte Luxussuite ist noch immer der Queen vorbehalten.

Überragt wird das Royal York vom Glas und Stahl des Financial District. Besonders eindrucksvoll sind die goldschimmerden Säulen der Royal Bank Plaza. Über 7.000 kg reines Gold wurden hier zwecks besserer Klimakontrolle in den Glasfassaden verarbeitet.

Mit dem BCE Place aus Glas und Stahl entstand 1990 um das historische Bankgebäude herum ein neuer Komplex aus zwei Bürotürmen und mehreren 25 m hohen Galerien mit Cafés und Restaurants, der die Fassaden historischer Gebäude, darunter das der alten Wellington Bank, integriert.

Dort ist auch Kanadas Eishockey-Ehrenhalle, die Hockey Hall of Fame untergebracht. In Kanada bedeutet Sport vor allem Hockey, sprich Eishockey. In Toronto drückt man im Air Canada Centre den Maple Leafs die Daumen.

Wir gehen weiter entlang an riesigen Glas- und Stahlbauten. Zum Fotografieren eine Herausforderung.

Es geht weiter bis zum Gooderham Building, ein keilförmig zulaufender, schmucker Ziegelbau mit gewölbten Fenstern auf der einen und einer attraktiven Wandmalerei auf der anderen Seite – auch Flatiron (Bügeleisen) Building genannt. Es wurde 1892 von den Gooderhams gebaut, einer einflussreichen Torontoer Familie, die ihr Vermögen mit den etwas weiter östlich liegenden Destillen machte.

Nicht weit davon erreichen wir die St. James Cathedral mit deren gotischen Kirchtürmen.

Immer wieder kommen wir an Baustellen vorbei. Es gibt anscheinend noch weiteren Bedarf an riesigen Glas- und Stahlbauten – es boomt.

Wir halten uns in Richtung Young Street und kommen am Elgin und Winter Garden Theatres vorbei. Es handelt sich um zwei übereinander angeordnete Theatern und ist damit das einzige noch genutzte „Huckepack“ Theater der Welt.

Auf dem Weg dorthin treffen wir immer wieder historische Gebäude eingekeilt zwischen modernen Bauten.

Das Eaton Centre nimmt den gesamten Block zwischen Dundas und Queen Street ein. Das in den 1970er-Jahren von Eberhard Zeidler (deutschstämmiger Architekt) entworfene Einkaufszentrum beherbergt über 300 Geschäfte und Restaurants und zwei Dutzend Kinos und registriert 1 Mio. Besucher wöchentlich! Eine 450 m lange Glaskuppel sorgt tagsüber für relativ natürliche Lichtverhältnisse.

Gleich nebenan wird Toronto regiert. Der Weg zum Sitz des Bürgermeisters führt zunächst an der Old City Hall vorbei. Ein bombastischer Natursteinbau, der jetzt als Gerichtsgebäude dient.

Die New City Hall am Nathan Philips Spare hat zwei gewölbte Türme, die schützend den runden Mittelbau mit dem Ratssaal umschließen.

Ein paar Meter weiter erreichen wir das wuselige Herz der ältesten der insgesamt fünf Chinatowns Torontos. Sofort sticht ins Auge das farbenfrohe Ensemble aus exotischen Werbetafeln.

Von dort aus nehmen wir die Straßenbahn (Streetcar) und fahren zum Harbour. Der CN Tower steht gleich hinter der Harbourfront. Er ist mit 553 m einer der höchsten freistehenden Türme der Welt. Binnen 58 Sekunden geht es in gläsernen Liften außen an der schlanken Nadel zum Observation Deck in 346 m Höhe.

Wir beobachten zwei junge Frauen, die mit Chaffeur unterwegs sind und aus einem neuen Tesla mit Flügeltüren aussteigen.

Von der Waterfront hat man einen schönen Blick auf die Skyline von Toronto.

Etwas weiter kommen wir am Royal Alexandra Theatre vorbei. Das Haus begründet Torontos Ruf als Musical-Stadt.

Die Feuerwehr ist im Einsatz und „flitzt“ zwischen den Hochhäusern durch.

Noch ein paar Impressionen am Abend von Downtown Toronto bevor wir diese mit dem Zug wieder verlassen.

Niagara Falls

Nach Toronto geht es zum nächsten Highlight – den Niagara Fällen. Wir verlassen Toronto und müssen quer durch die Stadt fahren. Es verlaufen jeweils 6 Spuren in eine Richtung mit zusätzlich einer Auf- und Abfahrtspur und das jeweils in Nord-/Südrichtung und Ost-/Westrichtung – ohne Ampel. Wir kommen auf dem QEW (Queen Elizabeth Way) gut durch die Stadt und an den Ballungszentren vorbei. An einem Park planen wir einen kurzen Stop zu machen. Dort erzählen uns Besucher, dass am Abend ein Konzert mit Rockabily stattfindet. Tatsächlich füllt sich am Abend der Park. Wir hören kurz der Musik zu und machen uns dann auf den Weg, damit wir nicht zu spät unseren Stellplatz erreichen.

Niagara-on-the-Lake liegt an der Mündung des Niagara River in den Lake Ontario. Der Ort besitzt noch ganz den Charme der viktorianischen Vergangenheit. Besonders sticht das Prince of Wales Hotel hervor. Schöne Parks und makellose alte Villen säumen das Städtchen. Mit einer Pferdekutsche kann man auch stilvoll den Ort erkunden.

Ein weiteres Schmuckstück ist die Rekonstruktion des Niagara Apothecary Shop mit seiner polierten alten Theke aus Walnussholz, den langen Reihen antiker Glasbehälter mit all den Pülverchen, die dazumal Heilung versprachen. Von 1820 bis 1964 in Betrieb, ist dies eine der ältesten Apotheken Kanadas.

Wir besuchen auch Fort George. Im Krieg von 1812 brannten amerikanische Truppen den auf dem Westufer liegenden Ort nieder. Originalgetreu wurde die Anlage wieder rekonstruiert.

Von Niagara-on-the-Lake verläuft der Niagara Parkway über 56 km am Niagara River, der die Grenze zu den USA bildet, entlang bis Fort Erie. Die Straße führt durch ein ungemein reizvolles Gebiet mit Weingärten, alten Baumbeständen am Flussufer, mit schönem Blick auf die Niagara Gorge, eine tiefe Schlucht, die sich der Niagara gegraben hat.

Der Niagara River, der die Seen Erie und Ontario verbindet, gehört mit knapp 60 km Länge und einer Fließgeschwindigkeit bis zu 50 km/h zu den kürzesten und zugleich wildesten Flüssen der Welt! Stündlich fließen bis zu 15 Mio. m³ Wasser aus dem Lake Erie über die hufeisenförmigen Horseshoe Falls auf der Ontario- und über die American Falls auf der New-York-State-Seite in den Ontariosee. Am Abend können wir uns einen ersten Eindruck verschaffen.

Der Blick auf die Horseshoe Falls lässt uns am nächsten Tag den Toristenrummel schnell vergessen. Gischt und Donner der aus 54 m Höhe und einer Breite von fast 700 m hinunterstürzenden Wassermassen haben ozeanische Dimensionen, das Tosen der Fälle ist auch weithin zu hören. Wir sind einfach nur sprachlos und überwältigt.

Abwechselnd sieht man die kanadischen Hornblower Niagara Falls Boat Touren (Menschen mit roten Regencapes)  und die etwas kleineren blauen USA-Dampfer der legendären Maid-of-the-Mist-Flotte (Menschen mit blauen Regencapes) den Niagara River flussaufwärts fahren.

Sehr beeindruckt verlassen wir die Niagarafälle – unserem letzten Highlight in Kanada, vorerst.

Zwecks Einreise in die USA und deren Einreisebestimmungen müssen wir noch unseren Kühlschrank leeren – das heißt wir haben kein Obst, Gemüse, Milch-, Käseprodukte und Fleisch mehr im Camper – wir haben „einfach“ alles gegessen.

In Richtung Buffalo (USA) fahren wir den Niagara Parkway weiter und nehmen die Peace Bridge (Friedensbrücke) als Grenzübergang. Mit nur drei Fahrspuren und einer Länge von über einer Meile kann die Wartezeit lange sein. Auf den Bildern ist zuerst noch das Kanada Symbol zu sehen, das dann Mitte der Brücke auf das USA Symbol wechselt.

Wir haben Glück und nach einer Wartezeit von einer Stunde im Immigration Office und einigen Fragen des Officers bekommen wir unseren Stempel in den Reisepass für die nächsten 6 Monate USA Aufenthalt.

Glücklich verlassen wir das Office und machen uns auf den Weg in die Stadt Buffalo. Dort müssen wir uns bezüglich einer neuen Telefonkarte informieren und unseren Kühlschrank füllen.

Resümee zu Ost-Kanada und den maritimen Provinzen:

Pulsierende Großstädte wie Toronto und Montreal haben wir besucht, Naturwunder wie die Niagarafälle konnten wir bestaunen, vom französischen Charme in Quebec City wurden wir verzaubert und in den weiten Wäldern, Bergen, Seen in den Nationalparks haben wir Ruhe erfahren. Landschaften von rauer Schönheit, wilden Wäldern und Abgeschiedenheit, geschichtsträchtige Städte, atemberaubende Panoramastraßen das boten uns die atlantischen Provinzen.

Die Kanadier sind extrem nett, aufgeschlossen, zuvorkommend und hilfsbereit, was den Aufenthalt sehr angenehm macht. Wir waren sehr gerne Traveller in Kanada und freuen uns schon später noch den Westen zu erkunden.

Wir kamen Mitte/Ende April an und haben den Winter in Nova Scotia mitbekommen. In Quebec und Ontario haben wir dann sommerliche Spitzentemperaturen im Juli/August von über 30 Grad erlebt. Frühjahr und Herbst fallen in Ostkanada kürzer aus als in Europa, dafür jedoch umso dramatischer. Im Frühjahr kann die Schneeschmelze ganze Landstriche in Schlammlandschaften verwandeln – das erlebten wir in New Brunswick und passten unsere Reiseroute entsprechend an.

Als Europäer ist man bezüglich Umweltschutzes gelegentlich irritiert. Hier ein mit laufendem Motor geparkter Wagen, dort weder Mülleimer noch getrennte Entsorgung. Ein Umdenken ist allerdings im Gange, öfter sahen wir Straßenschilder mit hohen Geldstrafen bei sorglosem wegwerfen von jeglichem Müll.

„Wir haben Ost-Kanada als weltoffen, vielfältig und sicher erlebt.“